BMW 435i und BMW 435i M Performance Coupé-Brüder im Vergleich
Noch will der Funke beim BMW 4er Coupé nicht so recht überspringen, wirkt er doch gegenüber seinem Vorgänger etwas zu weichgespült. Ob das werkseigene Tuning-Programm hilft, dem Coupé den früheren Fahrspaß-Kick wieder ins und unters Blech zu massieren? Die 340 PS starke M-Performance-Variante fordert die Basis mit 306 PS heraus.
Langeweile? Ach was. Der BMW-Tuning-Szene wurde über die Jahrzehnte alles Mögliche, aber sicher nicht langweilig. Große Namen verschwanden von der Bühne (Koepchen, Racing Dynamics, GS-Tuning beispielsweise), und neue tauchten auf (unter anderem G-Power und Tuningwerk).
BMW 435i leistet 306 PS
Und seit einigen Jahren mischt BMW selbst in diesem Geschäftsfeld mit, will jetzt sogar sein M-Performance-Programm mit größerem Ehrgeiz als bislang in den Markt drücken. Ob es daran liegt, dass die Serienmodelle noch nie so viel Anlass zur Optimierung boten wie heute? Da wäre beispielsweise das BMW 4er Coupé.
Zum Vergleichstest rückt das BMW 4er Coupé als 435i an, ausgerüstet also mit dem wunderbaren Reihensechszylinder-Turbobenziner, der 306 PS leistet und ein maximales Drehmoment von 400 Newtonmetern bietet – und am wenigsten Schuld daran trägt, dass BMW-Fahrzeuge nicht mehr derart konsequent den Slogan Freude am Fahren verteidigen, wie das bislang der Fall war.
In 5,6 Sekunden von null auf 100 km/h
Selbst auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen (was definitiv der Fall ist): Alles, was nun folgt, zählt zum großen Kino des aktuellen Motorenbaus diesseits von Einzeldrosselklappen-Anlage und Titanpleueln. Mit nur minimaler Verzögerung baut der Twin-Scroll-Lader des BMW 4er Coupé Druck auf, das Dreiliter-Aggregat reagiert spontan auf jedweden Gaspedalbefehl, schnupft gierig Ziffer um Ziffer der Drehzahlmesser-Skala auf. Ab 1.400 Umdrehungen schwillt der Schub spürbar an, fällt erst jenseits der 5.000/min etwas ab, doch die Drehfreude bleibt, hält bis 7.000 Touren an, bevor die Achtstufenautomatik schnell und ruckfrei den nächsten Gang serviert – wow. Vibrationen? Vibra ... was? Das leicht langhubig ausgelegte Aggregat läuft kultiviert, klingt dabei rauchig-schmutzig, aber vor allem nach dem, was es ist: ein Reihensechszylinder.
Selbst im mittleren Drehzahlbereich schnappt der Vierventiler gierig zu, liefert jederzeit reichlich Leistung – und zwar so viel, dass er das knapp 1,6 Tonnen schwere BMW 4er Coupé in 5,6 Sekunden aus dem Stand von null auf 100 km/h beschleunigt, bis 200 km/h vergehen 19,8 Sekunden.
BMW 4er Coupé bietet einen guten Federungskomfort
Und auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim? Da schafft es der 435i erneut nicht unter 1.18,0 Minuten, das GPS-Messgerät weist 1.18,6 Minuten aus – trotz des gegenüber der 3er-Limousine modifizierten Fahrwerks. Ach, mal so nebenbei: Der Vorgänger, das 335i Coupé flog in 1.17,9 Minuten über die Rennstrecke. Doch selbst wenn das adaptive M-Fahrwerk im Sport-Modus arbeitet, lässt das BMW 4er Coupé noch deutliche Karosseriebewegungen zu, die Fahrer eines alten 3er Coupé so nicht kennen.
Zugegeben, Federungskomfort auch nicht, und dieses Fach wiederum beherrscht das BMW 4er Coupé. Zudem bietet er spürbar mehr Platz, und beim Infotainment macht BMW derzeit kein Konkurrent etwas vor. Nur: Was genau hat das noch mit dem Markenkern zu tun? Der fordert eigentlich den unbedingten Fahrspaß, höchste Präzision und Leistungsfähigkeit. All das opfert der 435i selbst mit dem Optionsfahrwerk und im schnieken M-Dress auf dem Altar der Kompromissbereitschaft. An dem fährt die M-Performance-Variante ziemlich ungerührt vorbei, lässt dabei Bodenunebenheiten nahezu vollständig von den Bandscheiben der Insassen, nicht jedoch von den Dämpfern verarbeiten. Das 1.816 Euro teure Fahrwerk legt die Karosserie nochmals um zehn Millimeter tiefer und verkneift sich jegliche Adaptivität, denn es ist vor allem auf beste Querdynamik ausgelegt.
BMW 4er Coupé M Performance leistet 340 PS
Weitere Modifikationen: eine mechanische Differenzialsperre mit einem Sperrgrad von 30 Prozent sowie ein 19-Zoll-Radsatz. Alles das differenziert den M-Performance-4er viel deutlicher als erwartet, gibt dem BMW jene prickelnde Agilität zurück, die einerseits Vertrauen schafft, andererseits aber wissen lässt, dass es entlang der Haftgrenze durchaus ernst werden kann. Oder im Slalom: Hier zickt das getunte BMW 4er Coupé durch die Pylonengasse, wedelt lose mit dem Heck, will mit viel Gefühl gefahren werden – um dann die Basis mit einer Geschwindigkeit von 66,6 km/h doch in die Schranken zu weisen.
Klar, jetzt ist Konzentration gefragt, das BMW 4er Coupé verzeiht nicht allzu viel, doch die deutlich weniger arbeitende Karosserie erhöht die Vorfreude auf die Rundstrecke. Warum? Na, ganz einfach. Ein Coupé mit vergleichsweise langem Radstand, Hinterradantrieb, um Wank- und Rollbewegungen beraubt – das verspricht eine Topzeit. Hinzu kommt der leistungsgesteigerte Motor. Bitte? Vom Werk? Richtig. Jetzt leistet das N55-Aggregat durch eine modifizierte Elektronik 340 PS und entwickelt ein maximales Drehmoment von 450 Nm.
Das kostet nicht nur 1.535 Euro, sondern obendrein etwas Harmonie bei der Leistungsentfaltung, denn das BMW 4er Coupé wütet aus dem Stand spürbar energischer, druckvoller los, dreht aber nach wie vor wie besessen hoch.
Besserer Durchzug im Performance-BMW
Und was sagen die Zahlen des BMW 4er Coupé M Performance? 0–100 km/h in 5,4 Sekunden, 0–200 km/h in 19,0 Sekunden, also besser als die Basis, garniert mit einem etwas grantigeren Klang aus dem 940 Euro teuren Endschalldämpfer. Das reicht noch nicht?
Der kräftigere Antrieb verhilft dem BMW 4er Coupé vor allem zu besseren Durchzugswerten. Und auf der Rennstrecke? Hier beeindruckt besonders das deutlich stabilere Fahrverhalten. Das Coupé bleibt wunderbar neutral, erfordert lediglich minimale Lenkarbeit. Einzig die forschere Leistungsentfaltung des Turbomotors verlangt nach etwas Gewöhnung. Und selbst wenn das letzte Quäntchen Feingefühl im rechten Fuß fehlt: Wie herrlich ist es, wenn das Coupé mit dem Heck zum Fahrbahnaußenrand drückt, sich dabei in die Federn setzt, ohne dass wie bei der Basis das kurveninnere Rad verzweifelt um Haftung ringt. Beim Suchen nach der optimalen Linie hilft zudem die direkte, rückmeldungsfreudige Lenkung – eine verbliebene BMW-Spezialität.
Runde um Runde pumpt der BMW 4er Coupé M Performance das Markenimage auf, wirft sich enthusiastisch in jede Kurve, lässt sich jeweils davor punktgenau zusammenbremsen, baut schnell Grip auf und fühlt sich dabei irgendwie schneller an, als er eigentlich ist. Zudem verwundert der Blick auf die Sektorenzeiten: kaum Unterschiede?
Alcantara-Überzug punktet
Stimmt. Aber der Performance-BMW kann die Messpunkte später anbremsen, lenkt präziser ein und beschleunigt früher raus. Für die Kurvengeschwindigkeiten ist der Reifengrip entscheidend, und der liegt bei beiden auf ähnlichem Niveau. Nächste schnelle Runde, jetzt bloß nicht ablenken lassen, denn abgesehen vom Technik-Tuning pfaut die M-Performance-Truppe den BMW 4er Coupé mit schicken Zutaten auf.
Vor allem die Zierleisten mit Alcantara-Überzug samt eingesticktem, farbigem Schriftzug lassen einem das Portemonnaie in der Tasche aufspringen, das wulstige Lenkrad mit der winzigen Anzeige diverser Motordaten auf der Zwölf-Uhr-Position dagegen nicht. Klar, die Zusatzinfos sind durchaus wünschenswert, aber in dem Mini-Display kaum abzulesen. Dafür verdeckt der Lenkradkranz je nach Fahrerstatur und Sitzposition einen Teil der Rundinstrumente. Wie gesagt, bitte nicht ablenken lassen, zu sehr hebt die quirlige, herausfordernde Agilität des BMW 4er Coupé die Stimmung – so muss ein BMW fahren.
Und was das subjektive Empfinden betrifft: Der M3 E46, noch heute der feuchte Traum zahlreicher Fans der Marke, schoss ähnlich schnell über den Kleinen Kurs. Er benötigte 1.17,6 Minuten – zwei Zehntel mehr als der BMW 4er Coupé M Performance. Langeweile? Keine Spur mehr davon!
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